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Sigmaringen, den 30.07.2012
Justizministerium
Baden-Württemberg
Herrn
Minister Rainer Stickelberger
Schillerplatz 4
70173 Stuttgart
Projekt Richterassistenz
Ihr
Schreiben vom 03.07.2012
Sehr
geehrter Herr Minister Stickelberger,
für
Ihr Schreiben zum Projekt Richterassistenz bedanke ich mich im Namen des
Verwaltungsrichtervereins. Wir haben uns im Vereinsvorstand hiermit
befasst und begrüßen es sehr, dass Sie sich dieser Thematik annehmen.
Wir begrüßen ebenfalls, dass mit einer Erweiterung des Aufgabenbestands
ein weiterer Personalabbau im nichtrichterlichen Bereich verhindert
werden soll.
In
der Verwaltungsgerichtsbarkeit wird die Delegation nichtrichterlicher
Aufgaben seit vielen Jahren diskutiert und in einigen Bereichen auch
praktiziert. Aus dieser Erfahrung geben wir für eine Entlastung der
Richter von Aufgaben, die nicht unter die richterlichen Kerntätigkeiten
fallen, die folgenden Anregungen.
-
Bei der Prozesskostenhilfe wird in der verwaltungsgerichtlichen
Praxis oft eine Vorprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch
die Kostenbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen. Unseres Erachtens
sollte diese Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch eine
gesetzliche Regelung vollständig auf die Kostenbeamten übertragen
werden. Eine entsprechende Gesetzesinitiative im Bundesrat würden
wir sehr begrüßen (s.a. den Referentenentwurf des
Bundesjustizministeriums und die Stellungnahme des BDVR vom Juni
2012).
-
Eine wichtige Entlastung der Verwaltungsrichter ist auch der
Hausmeisterdienst. Dieser ist bei den Verwaltungsgerichten – auch
unabhängig von Fragen der Gerichtsverwaltung – aus Sicht der Richter
unverzichtbar und kann nicht auf justizfremde Privatfirmen delegiert
werden. Die Richter haben hierin einen einheitlichen hausinternen
verantwortlichen Ansprechpartner, auf den sie sich verlassen können.
Dies betrifft als kleines Beispiel den Schließdienst bei mündlichen
Verhandlungen, die sich in den Abend hinein ziehen. Ein weiteres
Beispiel ist die Betreuung der Videokonferenzanlage; wird diese
weiterhin vom Hausmeister betreut, müssen sich hier nicht viele
Geschäftsstellenbeamte einarbeiten und haben die Richter einen
kompetenten Ansprechpartner, der sich mit der Anlage auskennt. So
müssen die Richter nicht über die Gewährleistung der Öffentlichkeit
und die technischen Fragen der Videokonferenz nachdenken und können
sich auf ihre richterlichen Kernaufgaben konzentrieren. Weitere
Beispiele könnten genannt werden.
-
Zum Wachtmeisterdienst ist darauf hinzuweisen, dass Richter in den
vergangenen Jahren für Aufgaben der Sitzungspolizei zunehmend den
Polizeivollzugsdienst heranziehen mussten; eigene
Gerichtswachtmeister würden es den Richtern in manchen Fällen
ersparen, bei der Vorbereitung einer Sitzung Kontakt zur Polizei zu
suchen.
Darüber hinaus kommt eine sinnvolle Aufgabendelegation je nach den
Besonderheiten der Kammern und Senate nur sehr unterschiedlich in
Betracht und kann nicht in der gesamten Gerichtsbarkeit einheitlich
geregelt werden.
Mit
freundlichem Gruß
Dr.
Christian Heckel
Richter am VGH
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