Mitgliederbrief August 2008
Mannheim, den 20. August 2008
An
die
Mitglieder
Liebe
Kolleginnen und Kollegen,
lassen Sie mich die Sommerpause nutzen, um über die Aktivitäten des
Vorstands im letzen halben Jahr zu berichten. Zugleich wird dies mein
"Abschiedsbrief" von Mannheim sein, da ich – sozusagen in Rochade mit
Herrn Ulrich, der nach Mannheim in die VGH-Abordnung gekommen ist – ab
01.09.2008 an die Universität Konstanz abgeordnet werde.
1.
Auf meinen Brief vom 18.03.2008 zur
Dienstrechtsreform und Richterbesoldung (abgedruckt im letzten
BDVR-Rundschreiben 2/2008 und unter
www.vrv-bw.de) hat
mir der Justizminister des Landes, Prof. Dr. Goll, am 25.04.2008
geantwortet, er könne nicht erkennen, dass die Richterbesoldung sich
gegenüber der Beamtenbesoldung grundlegend verschlechtert habe, da das
Einstiegsgrundgehalt eines Richters in R 1 über dem eines Beamten in A
13 und sein Endgrundgehalt über dem Endgrundgehalt A 15 liege. Auch
seien die Beförderungsstellen mit einer Amtszulage oder höherer
Besoldung als R 1 vergleichsweise zahlreich. Schlichte Stellenhebungen
seien in der R-Besoldung wegen der richterlichen Unabhängigkeit
ausgeschlossen. Eine Änderung der gesamten Besoldungsstruktur in der
R-Besoldung sei aber mit der Dienstrechtsreform nicht beabsichtigt.
Stattdessen sollten die Leistungselemente in der Besoldung verstärkt
werden. Da die zusätzlichen Besoldungsanteile bei Richtern wegen der
richterlichen Unabhängigkeit nicht als Leistungsbezahlung gewährt werden
könnten, solle in der R-Besoldung die Zahl der herausgehobenen Ämter (R
1 mit Zulage und R 2) ausgeweitet werden. Die von uns angesprochene
Diskrepanz zu Spitzenverdienern in der Wirtschaft sehe er durchaus.
Diese könne im steuerfinanzierten öffentlichen Dienst jedoch nie
beseitigt werden. Gleichwohl sei es ein erklärtes Anliegen der
Landesregierung, im Rahmen der Dienstrechtsreform die Gehälter in der
Familiengründungsphase anzuheben, um für Berufsanfänger den öffentlichen
Dienst attraktiver zu gestalten. Den von mir gezogenen Vergleich zu
anderen europäischen Ländern halte er für problematisch, weil bei uns
bereits junge Juristen mit der Richterlaufbahn begännen, in anderen
Ländern dem Richteramt hingegen eine Berufstätigkeit als Rechtsanwalt
oder Richtergehilfe vorausgehe. Auch habe Deutschland eine andere
Richterdichte als andere europäischen Länder. Bei den maximal
erreichbaren Richtereinkommen liege Deutschland auf einem akzeptablen
sechsten Platz. Angesichts von Staatsverschuldung und Pensionslasten
sehe er für eine generelle Anhebung der R-Besoldung derzeit keinen Raum.
Hinsichtlich der Richterbesoldung und -versorgung hat der BDVR im Juli
ein Positionspapier verabschiedet. In den vergangenen Tagen hat er
dieses Positionspapier gemeinsam
mit dem Deutschen Richterbund pressewirksam veröffentlicht. Informative
Materialien sind in der Homepage des BDVR nachzulesen.
2.
Zur
Abschaffung des
Widerspruchsverfahrens wurde Herrn Epe und mir beim Jahresgespräch
mit dem Justizministerium am 25.04.2008 mitgeteilt, dass das Vorhaben
eines Pilotprojekts (vgl. meinen Mitgliederbrief vom Februar 2008) nicht
weiter verfolgt werde. Stattdessen sei das Innenministerium beauftragt
worden, einen Katalog mit Rechtsgebieten zu erarbeiten, in denen das
Widerspruchsverfahren entbehrlich sei. Dies solle dann landesweit ohne
Durchführung eines Pilotprojekts umgesetzt werden. Eine entsprechende
Lösung ist in Bayern seit einem Jahr in Kraft. Beim "Kleinen
Verwaltungsrichtertag" im Juni in München wurde die bayerische Regelung
– im Wesentlichen zustimmend – vorgestellt; belastbare Aussagen über die
Entwicklung der Eingangszahlen sind jedoch nach so kurzer Zeit noch
nicht möglich. Der Vorstand hat in seiner Sitzung am 16. Juli
beschlossen, unsere Positionen, die wir im vergangenen Jahr gegenüber
dem Justizministerium geäußert haben, in ähnlicher Weise noch einmal dem
nun zuständigen Innenminister des Landes vorzutragen.
3.
Das
Landesdisziplinarneuordnungsgesetz ist inzwischen im Landtag
eingebracht worden (Landtags-Drucksache 14/2696 vom 23. Juli 2008).
Unsere Bedenken hatte ich im Frühjahr gegenüber den Landtagsfraktionen
noch einmal schriftlich zusammengefasst (Stellungnahme vom 2. April,
abgedruckt im BDVR-Rundschreiben 2/2008) und am 7. Mai in einer
Expertenrunde der SPD-Landtagsfraktion mündlich vorgebracht. Teilweise
sind sie aufgegriffen worden. Insbesondere ist die
Zuständigkeitskonzentration beim Verwaltungsgericht Stuttgart vom Tisch.
Ebenfalls in den Landtag wird ein umfangreicher Gesetzentwurf zur
Änderung des Polizeigesetzes
(Ministerratsbeschluss vom 19.08.2008, also gestern), der im Internet
auf der Seite www.service-bw.de in der Rubrik Bürgerforum unter dem
Punkt Vorschriften eingestellt sein soll. Zu dem Gesetzentwurf konnten
wir inhaltlich nicht Stellung nehmen, da er uns erst nach Ablauf der
Stellungnahmefrist zugeleitet wurde.
4.
Bei der Vorstandssitzung am 16.07.2008
haben wir beschlossen, die nächste
Mitgliederversammlung am 05.11.2008
in
Sigmaringen durchzuführen.
Dort
stehen auch wieder die Wahlen für den Vorstand an. Die meisten
Vorstandsmitglieder sind zu meiner Freude bereit, eine weitere Amtszeit
im Vorstand mitzuarbeiten. Es kandidieren
für
Freiburg Frau Jann oder Herr Knorr oder Frau Schiller,
für
Karlsruhe wieder Frau Speckmaier (als Stellvertreter Herr Dr. Schenk),
für
Sigmaringen wiederum Frau Philippi (als Stellvertreterin Frau Gulde),
für
Stuttgart Herr Dr. Vondung (als Stellvertreterin Frau Burr),
für
Mannheim Herr Epe (als Stellvertreter Herr Dr. Kenntner),
für
den Landesvorsitz wiederum ich und als Stellvertreter Herr Epe.
Die
Funktionen im BDVR und Deutscher Verwaltungsgerichtstag e. V. soll Herr
Dr. Vondung fortführen.
5.
Für die im Winter anstehenden
Präsidialratswahlen will der Vorstand wiederum eine Mischung aus
Kontinuität und Wechsel vorschlagen. Zur Kandidatur bereit sind
Herr
Präsident des Verwaltungsgerichts Michaelis (Freiburg) als Vorsitzender,
Herr Präsident des Verwaltungsgerichts Strauß (Karlsruhe) als
Stellvertreter,
Herr
Jaeckel-Leight (Karlsruhe),
Herr
Bitzer (Sigmaringen),
Frau
Wilke (Stuttgart) und
Herr
Schenk (VGH)
6.
Sicher wird Sie noch interessieren, dass bei mir heute der Brief von
Herrn Ministerialdirektor Steindorfner vom 18.08.2008 einging, mit
welchem er mitteilt, dass Anlagen 1 und 3 der Beurteilungsrichtlinie nun
in der Form in Kraft gesetzt werden sollen, dass bezüglich des
Anforderungsprofils „Richterin/Richter an einem Obergericht“ die
Abordnung an das Justizministerium Baden-Württemberg, das
Bundesministerium der Justiz oder ein Bundesgericht mit der Abordnung an
ein Obergericht oder eine Generalstaatsanwaltschaft gleich gestellt
werden. Er hat zur Erläuterung auf die Bitte u.a. des BVerfG- und des
BGH-Präsidenten und die entsprechende Praxis in den anderen
Bundesländern hingewiesen.
Nun
wünsche ich Ihnen noch ein paar ruhigere Sommertage, danach einen guten
Start in den Herbst und verbleibe bis zur Mitgliederversammlung am 5.
November im Verwaltungsgericht Sigmaringen. Dort bekomme ich
freundlicherweise ein Dienstzimmer zur Verfügung gestellt, sodass ich
postalisch beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erreichbar bin.
Mit
freundlichen Grüßen
Ihr
Christian Heckel |